Rolf`s Tour de France

IMG_0288Rolf machte einen Besuch bei den französischen Nachbarn.
Und erinnerte sich an Deutsche- und an Radsportgeschichte.
Im äussersten Südwesten der Republik, dort wo Deutschland, die Schweitz und Frankreich ein Dreiländereck bilden, stehen den Radsportlern gleich drei Traum Radsportgebiete zur Verfügung, die zu den schönsten Europas gehören.
Auf deutscher Seite der Schwarzwald, auf französischer Seite die Vogesen und in der Schweiz der jura. Drei Landmarken, jede um die 1400m hoch kennzeichnen die Höhepunkte. Alle drei haben die gleiche markante Topologie, eine ähnliche Vegetation und üben eine gemeinsame magische Anziehungskraft aus.
Was Rolf dort erfuhr, das lest ihr hier:Ca. 12 Jahre ist es her, dass das „Tour Magazin“ eine Route vorstellte, die gleich zwei dieser Landmarken, nämlich den Belchen im Schwarzwald und den Grand Ballon in den Vogesen miteinander verbindet. Genau so lange trage ich mich mit dem Gedanken die Kräfte zehrende, immer windlastige 40km Strecke durch die Rheinebene alleine anzutreten, um dann über einen 21km langen fast konstant 10% Anstieg das 1100m höher gelegene Vogesen Plateau auf dem Grand Ballon zu erklimmen.
Nun war es soweit. Fast auf der gesamten Strecke stellen sich die Vogesen wie eine schwarze Wand dem Radsportler entgegen. Hoch oben ist das Ziel schon gleich seit dem Start im Münstertal in der Ferne sichtbar. Zunächst geht die Fahrt aber in südliche Richtung an die Südausläufer der Vogesen. Die Strassenschilder deuten darauf hin, dass dieser Teil Frankreichs auch eine deutsche Vergangenheit hat.
An einem Strassenschild werde ich nachdenklich. Gerade einmal 100 Jahre ist es her, dass Deutsche und Franzosen sich hier in einem der grausamsten Kriege die Europa je erlebt hat gegenüber standen. Das Schild „Hartmannswiller Kopf“ weist den Weg zu zu einer Gedenkstätte die daran erinnert, dass unsere Nationen nicht immer befreundet waren. Ich versuche mir vorstellen, was sich in dieser Gegend vor 100 Jahren ereignet hat. Bei dem Gedanken daran habe ich kaum gemerkt, dass die Strecke schon seit einigen km stetig bergan geht und es wird mir erst klar, was auf mich zukommt, als ich das Schild lese „Grand Ballon 21km“. Kaum habe ich das Schild passiert geht es los. 10% zeigt der Garmin. Zweistellig soll es bleiben, bis Zur Passhöhe. Für einen Sonntag ist auf dieser hauptsächlich von Touristen frequentierten Strecke sehr wenig los. Hauptsächlich Motorradfahrer, die erfreulicher Weise in Rudeln auftreten, so dass ich über lange Strecken die Ruhe, die Natur, die Stille und das Rauschen der Kette genießen kann.
Wenn die Motorradfahrer vorbei sind lese ich auf dem Asphalt die Namen großer und kleiner, aktueller und längst vergessener Radsporthelden. hier ging es nicht immer nur um das Mallot a pois rouge.
Der Gedanke, dass dieser friedliche Ort Schauplatz eines erbitterten Krieges war lässt mich nicht los. Ca. 2/3 des quählenden Anstieges sind geschafft, als mich eine Zahl aus meinen lethargischen Kurbelbewegungen wach rüttelt. 30.000.
IMG_0290Ein Schild weist auf die Gedenkstätte hin, die den 30.000 Opfern alleine auf diesem Schlachtfeld gewidmet ist. Ich halte kurz an, und mache ein Foto. Freue mich darüber, das hier Heute eine deutsche, eine französische und eine europäische Fahne neben einander stehen. Und freue mich, dass ich mich hier und Heute auf dem Rad quählen darf.
In grandiosen Panorama Ansichten präsentiert sich mir der Grand Ballon. Die Schönheit der Landschaft der einzigartige Blick über die Vogesen, der über den Jura, zu den Alpen und nicht zu vergessen, den Schwarzwald schweift, lässt mich vergessen was hinter mir liegt.
IMG_0291Oben angekommen habe ich die 1350m Marke erreicht. Ich stelle mein Rad für ein Erinnerungsfoto an ein Hinweis Schild. Erst später bemerke ich, dass der Belchen genau zwischen den Schildern im Dunst noch zu erkennen ist. Die dazwischen liegende Distanz flösst mir Respekt ein, schließlich will ich den Weg ja wieder zurück, und zum Abschluss noch auf den 1400 m hohen Belchen.
Die Abfahrt vom Ballon hat eingangs schon fast alpinen Flair. 30 km geht es hinunter in die Rheinebene. Ein Gedanke flammt auf: Abfahrten mit diesem Charakter kenne ich nur von den Tour de France Übertragungen im Fernsehen.
……. Tour de France? …… Vogesen? …………..Udo Bölts? …………..Jan Ullrich?
Hier war doch was. Hier wurde Radsportgeschichte geschrieben. 1997 führte Udo Bölts Jan Ullrich durch die Vogesen. Legendär sein Ausspruch hier an dieser Stelle:“Quähl Dich Du Sau“.
Ab dieser Situation war klar, das Team Telekom hatte einen neuen Kapitän. Und wer weiß, vermutlich sicherte er mit dieser Ermahnung Jan Ullrich den Toursieg.
Lang ist`s her, kein Udo Bölts bei mir, kein ERG Trikot vor mir oder hinter mir. Alleine geht es weiter hinunter Richtung Rhein. Im Flachen angekommen, schau ich noch einmal hinauf Zum Ballon. Auf der Rückfahrt ist der Wind mein Begleiter. Zum Glück hab ich Ihn ständig im Nacken und der Tacho zeigt selten weniger als 35kmh.
Leider muss ich auch auf der Rückfahrt wieder am Atom- Schrottmeiler Fessenheim vorbei. Die Fahrt entlang eines km langen 4m hohen doppelten Stacheldrahtzaunes mit Sicherheitsstreifen weckt merkwürdige Gefühle in mir. Wann schalten die Franzosen das Ding endlich ab?
Als ich den Rhein überquere weiß ich, bald hab ich es geschafft. Oder?
Unaufhaltsam nähert sich auf dem Display meines Navis das Fähnchen, das mir meinen Stratort anzeigt. Nach 155 km habe ich es erreicht. Aber ich lasse es links liegen, fahre vorbei und nehme die Strasse, die hinauf Richtung Belchen führt. Es ist zwar schon spät, kalt und lange nicht mehr hell. Dennoch, die Verlockung vom Belchen noch einmal über die Rheinebene hinweg, zurück (oder besser nach vorne?) zum Ballon zu schauen ist zu groß. Zum Glück sind es nur noch einmal 16km mit ca. 6-8 % dann eine rasante Abfahrt und noch einmal ca 6km auf der für den Autoverkehr gesperrten Belchen Straße.
Mein Tritt wird schwerer. Aber der Wille ist noch vorhanden.
Auf dem Weg zum Sattel „Hohtann“ konnte ich schon mehrfach das Vogesen Panorama genießen. Mitten drin weit, weit weg sehe ich Ihn, den „Grand Ballon“ es ist als gehört er mir, dieser Berg.
Kurz hole ich Luft. der Belchen Gipfel ist greifbar nahe und ich bin fast auf gleicher Höhe mit dem Belchenhaus. Eine kurze Abfahrt und noch einmal hinauf. ??????????????
Ein Blick hinauf zur Sonne und auf die Gänsehaut auf meinen Armen, von der ich nicht weiß, woher sie kommt. Von der schon stark gesunkenen Temperatur oder vom Gefühl einen tollen Tag erleben zu dürfen.
Ich entscheide mich umzukehren. Im Hellen würde ich es nicht mehr schaffen.
Trotzdem, ich habe es geschafft. Ich habe von beiden Seiten aus 1350m Höhe und aus 1200m Höhe hinüber geschaut auf die jeweils andere Seite. Über das Rheintal hinweg.
Wenn wir das Heute tun, tun wir es als Freunde. Keine Kanonenkugeln fliegen hin und her. Räder rollen hin und her. So soll es bleiben.
Ein toller Tag ein tolles Gefühl.
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Im Ziel angekommen zeigt der Tacho nicht ganz 200 km und 2700hm.
Ich rolle noch etwas im Tal hin und her, bis die 200 voll sind.
Irgendwie beklopp.
Ich werde gut schlafen.

 

 

Meine Strecke auf gpsies.com
Bis auf das letzte Stück auf den Belchen bin ich sie so gefahren.
Nachahmung empfohlen

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4 Gedanken zu „Rolf`s Tour de France

  1. Sehr schön geschrieben, macht defintiv Lust aufs Nachfahren. Und die Geschichtszeilen gehören bei unserer Geschichte ebenso dazu. Danke :-)

  2. Hallo Volker,
    Danke für den Kommentar.
    Nachfahren auf jeden Fall. Am Besten gemeinsam. Ich lade Dich und alle die Lust dazu haben ein.
    Wann geht es los?

  3. Danke für den schönen Bericht, werde dieses Jahr auch auf dem Grand Ballon fahren.Meine Route Uffholtz , Grand Ballon,Route de Cretes,Col de la Schlucht,Kaysersberg und von dort über die Weinstraße nach Kintzheim.
    Gruß Norbert

    • Viel Spaß Norbert.
      Ich bin dieses Jahr auch wieder im Schwarzwald.
      Vielleicht mach ich die Tunde noch einmal und dehne die Strecke in den Vogesen noch aus.
      Gruß
      Rolf

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