[Rennbericht von Juergen Schnellmann]
Der Name ist Programm: Ein Radrennen entlang des Strands von Egmond, einem Badeort an der Nordholländischen Küste zum Pier – dem direkten Zugang des Amsterdamer Hafens zur Nordsee und zurück – ist eine speziell holländische Veranstaltung. Das dieses Rennen seit mittlerweile 17 Jahren immer an einem Termin am zweiten Samstag im Januar stattfindet, lässt von vornherein nur wenige „Gasten“ (nicht Einheimische) eine Teilnahme an dieser Veranstaltung ernsthaft in Betracht ziehen. Typisch sind zu dieser Jahreszeit Temperaturen irgendwo zwischen 0 und +5 Grad. Begleitet fast immer von einem steifen Wind von See und sehr regelmäßig dem ein oder anderen Schauer oder gleich – wie in diesem Jahr – mit Mootregen (übersetzt: feinster, dichter Nieselregen, kommt in Egmond meist waagerecht aus Südwest). D. H. schönstes holländisches Fietswetter.
2017 wies die Meldeliste trotz der in den Tagen vorher absehbaren, bekannt harten Rahmenbedingungen über 3700 Teilnehmer aus. Gestartet wird in mehreren Meldeklassen: Lizenzfahrer und sogenannte Basislids (niedrigste Lizenzklasse) waren in diesem Jahr insgesamt 680 Teilnehmer, Businessclass (Meldungen durch Unternehmen) sowie Cyclosportive – entspricht am ehesten den deutschen „Breitensportlern“ zusammen rund 3000.
Erster Teil der Prüfung ist das Überstehen der Startaufstellung. Wenn man an aussichtsreicher Position in das Rennen starten möchte und eine gute Position innerhalb der schnell entstehenden Windschattengruppen auf den Strand erreichen will heißt es früh im Startblock zu stehen. Eine Stunde vorher ist durchaus angesagt. Leider erfolgt die Aufstellung oben auf der Strandpromenade von Egmond. In diesem Jahr hieß dass, kollektives Frieren bei Schnürlregen, Windstärke 3-4 und Temperaturen von 2 Grad Celsius.
Mit dem Start ist die Kälte dann aber vergessen und die Konzentration gehört ganz dem 1. Ziel den Strand am Ende der Promenade ohne Sturz zügig zu erreichen um sich möglichst schnell einen Platz in einem geeigneten Windschatten zu sichern. In diesem Jahr gelang mir das sehr gut. Ich schoss vorne in meiner Startgruppe relativ weit vom Strandaufgang in den tiefen Sand, war nach einer kurzen Laufpassage schnell wieder auf dem Rad und fand sofort Anschluss an einen schnell Fahrt aufnehmenden, großen Radpulk. Soweit ich in dem Regen und dem von den Rädern aufspritzenden Sand/Salzwassergemisch sehen konnte war da aber schon eine erste Gruppe von ca. 150 Fahrern nach vorne ausgebrochen. Darin die teilnehmenden Radprofies sowie die holländischen und belgischen Strandspezialisten. Diese Gruppe hatte zwischenzeitlich mehrere Minuten Vorsprung und wurde bis zum Schluss des Rennens auch nicht mehr gestellt.
Ich orientierte mich innerhalb meines Pulks schnell nach vorne und konnte gerade noch eine Gruppe von rund 10 Fahrern die nach vorne ausreißen wollten erreichen und mich anschließen. Gefühlt lief die Zusammenarbeit gegen den Wind innerhalb der Gruppe sehr gut. Nach der zweiten Ablösung konnte ich dann allerdings feststellen, dass wir mittlerweile sicher einige hundert Fahrer mitzogen die hinter uns um günstige Positionen im Wind auf dem schmalen Strand kämpften. Je weiter wir Richtung des Wendepunkts am Pier kamen wurde die Sicht durch den Niesel und das aufgewirbelte Sand/Salzwassergemisch immer schlechter. Der Wind von See drückte das Fahrerfeld außerdem immer wieder dicht zusammen. Fast zwangsläufig kam es daher am Ende zu einer Reihe von Stürzen, denen ich allerdings erfolgreich ausweichen konnte. Die Größe der Gruppe mit der ich schließlich nach dem Wendepunkt den Rückweg anging war zwischenzeitlich auf ein paar Dutzend Fahrer geschrumpft.
Um dem Rennen noch zusätzliche Selektivität zu geben ist auf dem Rückweg vom Pier nach Egmond eine zusätzliche Schwierigkeit in die Streckenführung aufgenommen worden. Etwa auf halber Strecke wird der Strand an einem Aufgang über die Dünen verlassen und mit dem Rad eine Treppe zu einem dahinter liegenden Parkplatz genommen. Auf dem Weg zurück auf den Strand sind nach Cross Manier abschließend noch Barrieren aus Strohballen zu überspringen. Ich hatte Glück hierbei recht zügig und ohne Malaisen durch zu kommen. Auf den letzten KM konnte ich sogar noch mit drei anderen Fahrern zusammen arbeiten und ein paar letzte Körner für die abschließende Laufpassage auf das Pflaster der Strandpromenade sowie für die letzten 500 m bis zum Ziel aufsparen.
Ich wurde mit dem 285’ten Platz von 680 klassierten Lizenz und Basisfahrern sowie 3700 Fahrern gesamt belohnt. Ich bin damit also weit davon entfernt in die offiziellen Annalen dieses Rennens aufgenommen zu werden. Meiner persönlichen Radsportgeschichte ist mit Egmond-Pier-Egmond 2017 aber eine schöne, wertvolle Zeile zugefügt worden.